Quelle: Wiesbadener Kurier 02.12.2002
Airbus-Triebwerk stürzt auf Eltville
Große Herbstübung des
Rheingau-Taunus-Kreises mit einem Katastrophenszenario
Vom 02.12.2002
ELTVILLE – Lautes
Knallen, ein Auto steht in Flammen und Rauchschwaden steigen aus dem Gebäude:
Glücklicherweise kein Ernstfall. Auf dem ehemalige Gelände der Firma Jean Müller
in der Eltviller Friedrichstraße fand am Samstag „lediglich“ die groß
angelegte Herbstübung der Rettungs-, Sanitäts-, und Betreuungsdienste, sowie
der Feuerwehr und Polizei, statt.
Von unserer
Mitarbeiterin
Jasmin Schneider
Das Szenario: Angenommen
wird der Absturz eines Triebwerkes eines auf dem Flughafen Rhein-Main
gestarteten Airbusses. Es prallt mit voller Wucht auf das Gelände der
elektrotechnischen Fabrik. Feuer bricht aus. In den Gebäuden befinden sich noch
zahlreiche Menschen, die aus den Fenstern um Hilfe rufen. Der erste Notruf
meldet: „Einschlag eines Luftfahrzeugs“, die Einsatzkräfte der Freiwilligen
Feuerwehr Eltville, sowie Notarzt und Polizei rücken aus.
Auch wenn es nur eine Übung
ist, soll alles möglichst realistisch dargestellt werden. Unterstützt wird die
„Dramatik der Szene“ durch dosierte Sprengstoffe und Rauchpasten, die von
den Pyrotechnikern der Feuerwehr Ingelheim installiert worden waren. Bei
Eintreffen der Einsatzleitung, liegt die primäre Aufgabe darin, die Menschen
aus dem Gefahrenbereich zu retten. Es werden weitere Einsatzkräfte aus der
Umgebung angefordert, um die Situation in Griff zu bekommen.
Löschen und bergen
Die Einsatzleitung der
jeweiligen Feuerwehrdienste suggerieren ihren Teams den Schaden im Gebäude und
beginnen mit den Lösch- und Bergungsarbeiten. Insgesamt dreißig Personen
befinden sich leicht oder schwer verletzt im Innen- und Außenbereich des Gebäudes.
Für den Verwandlungseffekt sorgt eine Schminkcrew, die Statisten verblüffend
wirklichkeitsnah als Brandopfer herrichten. „Wir haben versucht, die Situation
so realistisch wie möglich darzustellen. Nur so können wir Rückschlüsse auf
die Einsatzfähigkeit der Feuerwehren und der Hilfsorganisationen ziehen“, so
Landrat Bernd Röttger.
Insgesamt waren über
dreihundert Einsatzkräfte vor Ort und außerdem alle Fachdienste in die Übung
involviert. Für die psychologische Betreuung von Verletzten und Rettungskräften
stehen Fachkräfte der „Seelsorge in Not“ zur Verfügung, um konkrete
Hilfestellungen zu leisten.
Verschärfte Probleme
Die Einsatzleitung liegt in
den Händen des Stadtbrandinspektors Eltville Klaus Weber, der zusammen mit den
Initiatoren der jeweiligen Bereiche, in einem speziell dafür ausgestatteten
Fahrzeug, bestückt mit mordernster Technik und separatem Funkraum,
Organisatorisches diskutiert und im Zusammenschluss Entscheidungen trifft. Zu klären
ist unter anderem die aktuelle Situation in Sachen Belegung der
Krankenhausbetten, um die „Verletzten“ nach professioneller Erstversorgung
in den Zelten vor Ort sinnvoll in die umliegenden Krankenhäuser transportieren
zu können. Aber auch hier werden weitere Stolpersteine in den Weg gelegt:
Erschwerend kommt nämlich die theoretische Annahme hinzu, dass beinahe
zeitgleich mit dem Unglück in Eltville ein Reisebus auf der A66 bei Wallau
verunglückt ist und zudem ein Kellerbrand in Wehen ausbricht, was zur Überfüllung
der Krankenhäuser Wiesbaden und Mainz führt.
Dramatik aber auch außerhalb
der Einsatzzentrale: Nach dem Löschen des suggerierten Brandes wird der
Einsturz des Gebäudes simuliert, wo nun das technische Hilfswerk zum Einsatz
kommt.
„Ernstfall proben“
Die Idee zur
Katastrophenschutzübung entstand aus einem realistischen Hintergrund. „Der
Ernstfall wird einmal im Jahr bei einer größeren Übung geprobt. Anzunehmen,
ein Airbus würde ein Triebwerk verlieren, ist durchaus realistisch. Die
Flugzeuge des Rhein-Main Flughafens bei Frankfurt fliegen über den Gemeinden
ihre Warteschleifen. Getestet werden sollen die Fähigkeiten der einzelnen
Fachdienste, ihr taktisches Vorgehen und ihre Zusammenarbeit“, erklärt
Kreisbrandinspektor Gunter Reiber.
Eingesetzte
„Schiedsrichter“ achten bei der Übung auf gravierende Mängel, die in den nächsten
Wochen und Monaten ausgewertet werden. Erste Auskünfte haben aber jetzt schon
ergeben, dass die Übung reibungslos, und wie erwartet ohne Komplikationen über
die Bühne ging.